Wie der Bundestag die Pandemie verschlafen hat

Bundestag und Pandemien

Der Deutsche Bundestag hat sich jahrzehntelang nur selten mit Pandemien beschäftigt – trotz einer Risikoanalyse des Robert-Koch-Instituts (RKI). Das geht aus mehr als 400.000 Redebeiträgen hervor, die ich gemeinsam mit meinem Kollegen Robert Meyer (exklusiv) analysiert habe.

Zwischen September 1949 und Januar 2020 fiel der Begriff „Pandemie“ in nur 56 von insgesamt 4.238 Plenarsitzungen, lediglich in sechs davon diskutierten die Abgeordneten intensiver über das Thema. Um die Bevorratung von Schutzausrüstung in Deutschland ging es in keiner der 56 Sitzungen. Das RKI hatte bereits im Jahr 2012 vor Engpässen im Falle einer Pandemie gewarnt. Die Risikoanalyse des RKI lag auch dem Bundestag vor.

Die Daten lassen auch Rückschlüsse zu, welche Themen seit der ersten Corona-Debatte vom 12. Februar 2020 im Plenum dominieren. Auf „China“ im Februar folgte etwa im März die Häufung des Begriffs „Unternehmen“. Andere wichtige Themen nahmen erst im April Fahrt auf, nachdem die Corona-Maßnahmen verschärft worden waren, darunter die Situation der „Kinder“. Der Begriff „Homeoffice“ hingegen kam früh auf und verlor – ähnlich wie „Krankenhaus“ – schnell wieder an Bedeutung.

Schwerpunkte der Plenardebatten in der Pandmie

Bundestag

Die Analyse beruht auf Daten des Berliner Unternehmens Limebit, das sich mit Machine-Learning und Softwareentwicklung beschäftigt. In einem Projekt namens „Open Discourse“ hat Limebit sämtliche Plenarprotokolle seit 1949 maschinenlesbar gemacht und uns vorab exklusiv zur Verfügung gestellt. Die Datenbank soll Limebit zufolge bald auch öffentlich verfügbar sein.