Hier stehen Karlsruhes Problembäume

Bäume Karlsruhe ungeeignet

Eine Geschichte über Bäume? Langweilig – dachten meine Kollegen. Und ich zunächst auch. Bis ich die Straßenbaumliste der Galk mit dem Karlsruher Baumkataster abgeglichen (und viele Stunden in QGIS und der OSM-Overpass-API verbracht) hatte.

Arbeitsschritte

Das Ergebnis

  • An den Karlsruher Straßen stehen 77.000 Bäume, der Großteil ist dafür aber gar nicht geeignet.
  • Wegen des Klimawandels wird die Pflege immer teurer, trotzdem pflanzt das Gartenbauamt weiterhin Problembäume und Monokulturen.
  • Die Stadt muss (zu) viel Geld für die Pflege empfindlicher und mitunter sogar gefährlicher Baumarten ausgeben. Wie viel genau, wollte die Stadt nicht sagen. Laut meinen Berechnungen dürften für die Baumpflege jedes Jahr rund 6,5 Millionen Euro anfallen.

Die Folgen

Die FW-/FÜR-Fraktion im Karlsruher Stadtrat fand das auch seltsam – und stellte als Reaktion auf meine Recherche einen entsprechenden Antrag. Die Stadtverwaltung wiederum reagierte wenige Wochen später mit einem Baumpatenschafts-Programm. Ende 2020 forderte die SPD-Fraktion das Gartenbauamt erneut auf, transparenter deutlich zu machen, welche Bäume gepflanzt wurden und welche Kriterien dabei eine Rolle spielten.

Die ganze Geschichte gibt’s hier zum Nachlesen (Darstellung nach Relaunch fehler- und lückenhaft). Mit den Daten konnte ich nebenbei auch noch einen netten Kirschblüten-Guide bauen (Artikel ebenfalls fehlerhaft).

Karte zeigt ungeeignete Bäume

Die zentrale Visualisierung der Geschichte ist eine Karte, mit der die Karlsruher sehen können, welche Bäume es in ihrer Straße gibt: An 75 Prozent der Standorte sind es Baumarten, die nicht geeignet sind oder nur bedingt. Bäume, die Experten als geeignet oder gut geeignet bewerten, gibt es lediglich an jedem siebten Standort.

Die Karte zeigt zunächst Straßen mit ungeeigneten Bäumen. Ausschnitt vergrößern, um alle zu sehen.

Der Lederhülsenbaum zum Beispiel hat nach Ansicht der Galk an Geh- und Radwegen nichts verloren. Allein in der Moltkestraße stehen rund 130 Exemplare. In Mühlacker im Enzkreis wurden deshalb im vergangenen Jahr Dutzende dieser Bäume gefällt.

Karlsruhe geht einen anderen Weg: Dort entfernen regelmäßig Gärtner die Dornen.

Der Bergahorn – der Name sagt es schon – ist ebenfalls eine schlechte Wahl für Städte, die sich im Sommer regelmäßig in Glutöfen verwandeln. Mit mehr als 1.000 Standorten in Karlsruhe ist er der häufigste „ungeeignete“ Straßenbaum. Auch der zweithäufigste Problembaum, die Sommerlinde , fühlt sich im Mittelgebirge wohler als in der Rheinebene.

Straßen in der Innenstadt mit den meisten „ungeeigneten“ Bäumen

Mit nur einem perfekten Baum ist es allerdings nicht getan. An einer Straße immer wieder dieselbe Art zu pflanzen, sei keine gute Idee, sagt der Karlsruher Forstwissenschaftler Somidh Saha. Auch die Galk rät davon ab.

Trotzdem pflanzt Karlsruhe weiter Monokulturen. Zuletzt 2017 an der Kaiserslauterner Straße. Oder an der Ludwig-Erhard-Allee. Dort stehen jetzt zwar einheitliche Alleen aus „gut geeigneten“ Winterlinden der Sorte „Greenspire“. Aber auch die können krank werden. „Ist ein Baum betroffen, sterben alle“, erklärt Saha.

Straßen in der Innenstadt mit den meisten „gut geeigneten“ Bäumen

Der Grundsatz des Gartenbauamts, möglichst dieselbe Baumart nachzupflanzen, sorgt ebenfalls nicht für mehr Biodiversität an Karlsruher Straßen – im Gegenteil. Dabei wäre es höchste Zeit zu handeln, mahnt Forstwissenschaftler Saha: „In 100 Jahren haben wir hier ein Klima wie im Mittelmeerraum. Dafür müssen wir schon heute die richtigen Bäume pflanzen.“

Kaum Vielfalt, wenig Zukunftsbäume: Die häufigsten Baumarten